Egal, ob Sie ein Milch- oder Joghurttyp sind oder ein Obstkombinierer: Müsli kommt bei Groß und Klein gerne in die Schale. „Vorausgesetzt, man hat seine Lieblingssorte entdeckt“, weiß Victoria Görlich aus Bünde-Dünne in Nordrhein-Westfalen. Seit Anfang 2020 vermarktet die 39-jährige Dipl.-Kauffrau gemeinsam mit ihrem Mann Marek Görlich im Nebenerwerb unter dem Namen „Hafergut“ Haferflocken und drei selbstkreierte Hafermüslis. Neben dem Landmüsli mit Rosinen gibt es ein Hafermüsli mit Schokolade und Hafergranola mit Kokos zur Auswahl. Der Hafer hierfür stammt aus hofeigener Produktion. Nach der Ernte reift er vier Wochen in der Maschinenhalle nach und wird dann im Auftrag von Hafergut im Lohn zu Haferflocken verarbeitet.
Individuelle Haferflocke kreiert
„Damit wir uns von der klassischen industriellen Ware unterscheiden, haben wir gemeinsam mit der Mühle eine hofeigene Flocke entwickelt“, erzählt Victoria Görlich. Die Hafergut-Flocke ist vergleichbar groß wie eine Feinblattflocke, hat aber eine festere Struktur und mehr Biss. Sortenabhängig schmeckt sie nussig bis leicht honigartig. Bis zur endgültigen Vermarktungsreife Ende 2020 mussten Familie und Freunde ordentlich Müsli verkosten. „Für unsere drei verschiedenen Müslisorten röste ich vorab einen Teil der Haferflocken im Backofen“, verrät die Geschäftsfrau. Rapsöl und Zuckerrübensirup unterstreichen dabei das Aroma und verstärken den erwünschten Knuspereffekt. Viel Aufwand betrieb die Vermarkterin im ersten Jahr mit der Kundenakquise. Um langfristige Kundenbeziehungen zu knüpfen, lieferte sie die bestellte Ware sogar persönlich aus. Inzwischen konnte sie ihr Sortiment in rund 80 Hofläden und 10 Lebensmittelmärkten platzieren und setzte in den ersten 12 Monaten rund 14 000 Tüten Müsli mit einer Packungsgröße von 375 g Inhalt ab.
1. Kapitalbedarf Haferverarbeitung
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Anschaffungspreis, €
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Kosten
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Abschreibung je Jahr
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Instandhaltung je Jahr
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%
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€
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%
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€
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Maschinen und Geräte
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Konvektomat/Backofen gebraucht
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2 500
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8
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200
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3
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75,00
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Teigmischmaschine gebraucht
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2 500
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8
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200
|
3
|
75,00
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Füllmaschine, Verschweißgerät
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4 500
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8
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360
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3
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135,00
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Tische, Stikkenwagen, Spüle, Regale
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1 500
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8
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120
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3
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45,00
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Waagen
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250
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8
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20
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3
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7,50
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Eimer, Behälter usw.
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300
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8
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24
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3
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9,00
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Computer inkl. Software
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500
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8
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40
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3
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15,00
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Markenaufbau, Logo
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4 000
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8
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320
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3
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120,00
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Kleinutensilien Ausstattung
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1 500
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8
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120
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3
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45,00
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Summe Kapitalbedarf
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17 550
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1 404
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526,50
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Eigenkapital: 17 550 €
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Zinsansatz 3 % vom halben Neuwert: 263,25 €/Jahr
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Landmüsli mit Knuspercrunch
Stolz ist die Geschäftsfrau, dass alle Sorten gleichermaßen gefragt sind. Der empfohlene Verkaufspreis ist mit 3,99 € pro Tüte einheitlich. Doch lohnt die arbeitsintensive Müslifertigung für den Betrieb schon nach einem Jahr? Um dies beurteilen zu können, haben wir die Vermarktung der Sorte Landmüsli mit Rosinen unter die Lupe genommen: Das Müsli enthält 69 % frische und gebackene Haferflocken, 10,3 % Rosinen, 4,3 % Sonnenblumenkerne, 3,5 % Mandeln sowie Zuckerrübensirup und Rapsöl. Bis auf den Hafer kauft Victoria Görlich die weiteren Zutaten möglichst von regionalen Anbietern zu. Für die 125 m2 große Haferküche, den Verpackungsraum und das Trockenlager auf dem Hof zahlt sie monatlich 150 € Miete plus Nebenkosten an ihren Mann. 17 500 € Eigenkapital investierte die Direktvermarkterin in die Ausstattung der Verarbeitungsräume (siehe Übersicht 1). Mit dem Kauf von gebrauchten Maschinen wurde ordentlich Geld gespart. So kosteten der Konvektomat, den sie als Backofen verwendet, die Mischmaschine, die Füllmaschine und das Verschweißgerät insgesamt nur 9 500 €. „Zum Glück ist mein Schwiegervater technisch so versiert, dass er kleine Reparaturen preiswert für mich erledigt“, verrät die Betriebsleiterin. Die anteiligen Investitionskosten für die Fertigung des Landmüslis liegen bei 23,3 %. Die Kapitalkosten summieren sich somit auf 511 € pro Jahr (siehe Übersicht 2). Zusammen mit den sonstigen Aufwendungen wie Miete, Software für das Warenwirtschaftssystem und den Onlineshop, Buchführung, und Werbung ergeben sich anteilige feste Kosten in Höhe von 2 281 € pro Jahr.
Im ersten Jahr konnte Victoria Görlich 3 400 Tüten Landmüsli über Hofläden oder den LEH zu einem Nettoverkaufspreis von 2,61 € vermarkten (siehe Übersicht 3). Lediglich 100 Tüten Landmüsli verkaufte sie online und ab Hof an Endkunden zum Nettopreis von 3,73 € pro Tüte. Somit ergibt sich eine Marktleistung von 9 247 €. Von 6 418 € variablen Kosten entfallen 1 559 € auf die Materialkosten. Der Ankauf des Hafers vom landwirtschaftlichen Betrieb und die Lohnfertigung der Haferflocken fließt beispielsweise mit 0,70 €/kg in die Berechnung. Ins Auge fallen die Verpackungskosten mit 1 330 €. „Damit das Müsli knusprig bleibt, haben sich Standbodenbeutel mit einer Aluminium-Innenbeschichtung und Verschließ-Zipper bewährt“, begründet die Direktvermarkterin die hohen Kosten. Inklusive Werbeaufdruck kosten sie 0,38 € pro Stück. Müsli backen, mischen, abpacken ist arbeitsintensiv. Zwei Mitarbeiter:innen benötigen für die Produktionsmenge von 3 500 Tüten insgesamt 138 Stunden. Somit summieren sich die Lohnkosten auf 2 329 €. Abzüglich aller Kosten erwirtschaftet Victoria Görlich einen Erlös von 548 €.
2. Feste Kosten
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Kapitalkosten Fertigung Landmüsli
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anteilig 23,3 %
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€/Jahr (50 W)*
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Kapitalkosten
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Abschreibung
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327
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Instandhaltung
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123
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Zinsen
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61
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Sonstige Kosten
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Miete
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419
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Software (Warenwirtschaftssystem, Onlineshop), Telefon
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140
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Buchführung
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233
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Versicherung, Haftpflicht
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256
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sonstige Abgaben (Künstlersozialkasse, Eichung)
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70
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Lebensmittelprüfung Labor
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186
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Arbeitskleidung
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35
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Werbung, Akquise und Promotion
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396
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Büromaterial
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35
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Feste Kosten gesamt
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2 281
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Viel Arbeit, wenig Erlös
Pro Woche kommt sie für die Produktion, Bestellabwicklung, Lieferservice, Kundenakquise und Marketing ihres Landmüslis auf eine Arbeitszeit von 3,5 Stunden. Bei 175 Arbeitsstunden pro Jahr erhält sie unterm Strich nur 3,13 € pro Stunde. Das ist nicht viel, doch die Unternehmerin weiß auch, dass Neugründer im ersten Jahr oft keinen Cent verdienen. Den Businessplan fest im Blick, fokussiert sie sich auf die Weiterentwicklung von Hafergut: „Zwischenzeitlich habe ich die Produktion und den Vertrieb angepasst. So füllen wir nun pro Stunde rund 100 Tüten mehr ab“, erklärt sie. Statt persönlich auszuliefern, setzt sie vermehrt auf das Versandgeschäft. Erfreulich ist auch die Entwicklung des Onlinegeschäfts mit Endkunden. Hier verzeichnet sie einen rasanten Zuwachs. Inzwischen bietet sie Vorratspackungen mit 1, 2 und 4 kg an. Das gefällt den Kunden. In einem Jahr will die Unternehmerin eine Entscheidung treffen, wohin die Reise mit ihrer Geschäftsidee geht.
Dieser Beitrag erschien in der Ausgabe 3/22 und zeigt die zu diesem Zeitpunkt aktuellen Zahlen.
3. So rechnet sich Landmüsli
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Zutaten: 69 % Haferflocken, 10,3 % Rosinen, 4,3 % Sonnenblumenkerne, 3,5 % Mandeln, Zuckerrübensirup, Rapsöl
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Marktleistung
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€ pro Jahr* (50 W)**
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Wiederverkauf 3 400 Tüten à 375 g x 2,61 €*** (empfohlener Wiederverkaufspreis 3,99 €)
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8 874,00
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Endkunden 100 Tüten à 375 g x 3,73 €*** (netto, 7 % MwSt.)
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373,00
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Insgesamt
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9 247,00
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Materialeinsatz
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Menge, kg
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Haferflocken (0,70 €/kg)
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906,0
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634,20
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Rosinen (2,25 €/kg)
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136,5
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307,13
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Sonnenblumenkerne (1,78 €/kg)
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56,0
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99,68
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Mandeln (6,95 €/kg)
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45,5
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316,22
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Zuckerrübensirup (1,28 €/kg)
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101,5
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129,92
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Rapsöl (1,95 €/kg)
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21,0
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40,95
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Summe Lebensmittel
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1 528,10
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Risikozuschlag 2 %
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30,56
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Gesamtsumme Lebensmittel
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1 559,00
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Sonstige variable Kosten
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Backpapier, geschnitten
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10,00
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Doypack (Standbodenbeutel inkl. Druck, 0,38 €/Stück)
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1 330,00
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Umkarton, Klebeband
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175,00
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Reinigungsmittel, vorsorgliche Schädlingsbekämpfung
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35,00
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Strom, Energie, Fahrkosten
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980,00
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Personalkosten (16,88 €/Stunde, 138 Stunden pro Jahr)
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2 329,00
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Summe variable Kosten
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6 418,00
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Deckungsbeitrag = Marktleistung – variable Kosten
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2 829,00
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Feste Kosten (anteilig 23,3 %)
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2 281,00
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Gewinn = Erlös – Kosten
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548,00
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Nicht entlohnte Arbeitszeit (Akh): 175
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Unternehmer-Stundenlohn 548 € : 175 = 3,13 €/h
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*Zahlen auf- bzw. abgerundet, ** 50 Wochen pro Jahr, ***Nettopreise
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