Schwierige Kunden

Wenn der König aus der Rolle fällt

Der Kunde soll König sein. Doch was, wenn er sich gar nicht königlich verhält, sondern ausfallend wird? Gerechtfertigt oder auch nicht – der Umgang mit respektlosen Gästen will gelernt sein.

Häufig geht es bei unzufriedenen Kunden gar nicht um die Frage, wer Recht hat, sondern um mangelnde Aufmerksamkeit und ein zu geringes Selbstwertgefühl. (Bildquelle: YATrainer/peopleimages.com/stock.adobe.com)

Ein Kunde pöbelt lautstark die Bedienung an: „So langsam wie Sie laufen, müssen wir vermutlich noch eine weitere Ewigkeit auf unseren Kaffee warten.“ Die Servicemitarbeiterin blickt sich erstaunt um. In den vergangenen 30 Minuten ist sie unentwegt von einem Tisch zum nächsten im Hofcafé gelaufen, um Bestellungen aufzunehmen oder Kaffee und Kuchen zu bringen. Dabei hat sie jeden einzelnen Gast freundlich behandelt und seine individuellen Wünsche aufgenommen – so wie auch in diesem Moment, als der lautstarke Hinweis sie aus ihrem Tun herausreißt. Und nun das!

Mit einer Stimme sprechen

Es heißt, Kundenzufriedenheit sollte das oberste Gut sein. Doch um jeden Preis? Nein, befand auch Sabine Seibl, Geschäftsführerin eines Supermarktes am Bodensee. Gemeinsam mit ihrem Team platzierte sie Aufsteller, auf denen folgendes zu lesen war: „In jeder Arbeitskleidung steckt ein Mensch. Wir möchten es daher nicht mehr länger akzeptieren, dass unsere Mitarbeiter:innen von einer Minderheit unserer Kunden nicht gut behandelt werden.“ Motivation der Marktleitung war auch, den Mitarbeitenden zu zeigen, dass sie hinter ihnen steht. Denn gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sind motivierte Mitarbeiter ein besonders wichtiges Gut.

Doch es bleibt die Frage, welches Vorgehen in der konkreten Situation mit dem Kunden richtig ist. Denn gefallen lassen sollte und muss man sich nicht alles. „Ich bringe meinen Kunden Wertschätzung und Aufmerksamkeit entgegen und dies kann ich auch im Gegenzug von ihnen erwarten“, sagt Sandra Sagner, Wirtschaftsmediatorin aus Nindorf in Schleswig-Holstein. Dabei unterscheidet die ausgebildete Personal und Business Coachin auch nicht, ob ein Mitarbeiter oder der Chef mit einem respektlosen Kunden kommuniziert: „In einer gesunden Firmenphilosophie sprechen Angestellte und Chefs eine Sprache.“ Denn so sei sichergestellt, dass die Mitarbeiter das Gefühl haben, ausreichend Rückendeckung durch den Vorgesetzten zu erfahren.

„In erster Linie sollte man versuchen, Ruhe zu bewahren und sachlich zu bleiben, also deeskalierend“, sagt Sagner. Doch das ist oftmals gar nicht so leicht, denn fühlt man sich persönlich angegriffen, neigt man im ersten Impuls dazu, zurückzuschießen. „Wenn ich das zulasse, gehe ich unmittelbar in die Verteidigung über und bin nicht mehr in der Lage klar, sachlich und objektiv zu denken und zu handeln“, warnt die 48-Jährige. Das macht es schwer, noch irgendwie auf eine sachliche Ebene zu kommen. Besser sei ein bewusstes emotionales „Herunterfahren“. Die Fachfrau rät zu einem inneren „Hoppla, da passiert gerade was Spannendes“. Das könne man mit der Frage verbinden: „Warum fühle ich mich denn jetzt angegriffen, nur weil der einen schlechten Tag hat?“

In die Schranken weisen

Als wirksam hat sich laut Sagner auch folgender Satz ihrer Berufskollegin Karin Kuschik in der Kommunikation mit dem respektlosen Kunden erwiesen: „Entschuldigen Sie, dass ich Ihnen das Gefühl gegeben habe, so mit mir sprechen zu können.“ „Das Gegenüber wird, ohne dass wir ausfallend werden, in seine Schranken gewiesen, jedoch respektvoll und tiefgründig“, analysiert Sagner.

Doch nicht immer gelingt es, im Moment des verbalen Angriffs so schlagfertig zu antworten. Da kann es zielführend sein, wenn sich der Gast den Frust erstmal von der Seele redet. Oftmals ist anschließend wieder ein normales Gespräch möglich. Dann können Gast und Servicekraft im Dialog sachlich darstellen, wie jeder selbst die Situation wahrgenommen hat. „Hierbei sollte man möglichst in der Ich-Form bleiben, damit der Kunde sich nicht zusätzlich angegriffen fühlt“, rät Sagner. Außerdem ist sie ein Fan der Metakommunikation, das heißt: die Kommunikation über die Kommunikation. „Fokussieren wir uns auf die Art und Weise, wie wir miteinander umgehen und wie wir die gesendeten Nachrichten gemeint und die empfangenen Nachrichten entschlüsselt und darauf reagiert haben, dann hat das den Vorteil, dass wir selbst innerlich einen Schritt zurücktreten und nochmal ,von oben‘ auf die Situation schauen“, sagt Sagner. Dabei lässt sich einfacher in der Ich-Form und damit weniger vorwurfsvoll sprechen. Hilft das nichts und der Kunde lässt sich nicht beruhigen, ist es sinnvoll, den Rückzug anzutreten und sich Unterstützung zum Beispiel durch den Chef oder auch eine erfahrene und als besonnen bekannte Kollegin zu holen.

Dabei geht es laut Sagner in solchen Situationen gar nicht mal um die Frage, wer Recht hat. Oft gehe es unzufriedenen Kunden um fehlende Aufmerksamkeit und mangelnde Wertschätzung. „Das mangelnde Selbstwertgefühl, das manch einer dieser Kunde hat, können wir als Dienstleister nicht ändern“, sagt sie, „wir können keine Menschen, wohl aber unsere Einstellung und unser Verhalten ändern.“ Das Fazit der Kommunikationsexpertin: „Jeder Kunde darf und sollte seinem Unmut Luft machen – nur eben respektvoll“, sagt Sandra Sagner. Denn jede Beschwerde ist ein Geschenk, mit dem der Kunde die Möglichkeit gibt, besser zu werden. 

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